Die Form der Erde wird im Allgemeinen zur Vereinfachung oft als Kugel bezeichnet. Eine bessere Annäherung ist jedoch das Ellipsoid. Das kannst Du Dir etwa als dreidimensionale Ellipse vorstellen. Tatsächlich hat die Welt jedoch eine Kartoffelform: das Geoid.
Anwendung
Das Geoid als Bezugsflächen ist insbesondere in der Höhenmessung elementar wichtig. Beim geometrischen Nivellement und bei der trigonometrischen Höhenübertragung werden geoidische Höhen gemessen. Höhenfestpunkte haben als Bezugssystem üblicherweise das Geoid. Dem gegenüber stehen Messungen mit GNSS (= GPS, Galileo usw.), die sich auf das Referenzellipsoid beziehen. Da meist geoidische Höhen gefragt sind, wird GNSS seltener für die Höhenmessung eingesetzt als Nivellements.
Erklärung
Das Geoid hat zwei wesentliche Eigenschaften:
- die Fläche ist rechtwinklig zum Lot ausgerichtet
- an jedem Punkt wirkt die gleiche Schwerkraft
Das Geoid wird meist mit dem Begriff Äquipotenzialfläche beschrieben. Eine Äquipotenzialfläche ist eine Fläche auf der alle Punkte, das gleiche Potenzial (hier Schwerepotenzial) haben. Vereinfacht gesagt, ist es eine Fläche, auf der an jedem Punkt die gleiche Schwerkraft wirkt. Vielleicht hast Du schonmal etwas davon gehört, dass auf Bergen eine andere Schwerkraft wirkt als im Tal. Diese Differenzen machen die Höhenunterschiede der Landschaft im Bezug zum Geoid aus.
Die Fläche ist außerdem (und das ist ganz wichtig in der Geodäsie) immer rechtwinklig zum jeweiligen Lot ausgerichtet (vgl. Witte/Sparla, 2015, S. 4). Diverse Instrumente werden in der Messtechnik mit Libellen lotrecht aufgestellt. Dieser Vorgang nennt sich Horizontierung. Dadurch beziehen sich Messungen mit diesen Instrumenten immer auf eine lotrechte Bezugsebene. Diese ist das Geoid. Das Ellipsoid ist nicht überall gemäß der Schwerebeschleunigung lotrecht (s. Abb.). Daher lässt es sich nicht ohne rechnerische Anpassungen als Bezugsebene für Messungen mit dem Tachymeter oder Nivellier verwenden.
Grund für den Unterschied der Form des Geoids und des Ellipsoids
Die Form des Geoids lässt sich physikalisch erklären. Durch Masseunterschiede unter der Erde bilden sich Verformungen heraus. Überschussmasse sorgt für Undulation, also die Verformung der Erdkruste. Daher wird bei geoidischen Höhen auch oft von „physikalischen Höhen“ gesprochen.
Differenz zum Ellipsoid
Die Differenzbeträge zum Ellipsoid sind zwar im Durchschnitt gering (22 cm, Quelle: Vorlesung Allgemeine Geophysik, Uni Bonn). Sie weichen jedoch in einer Spanne von -105 m bis hin zu +85 m voneinander ab (vgl. Spektrum, 2000). Der Vorzeichenwechsel sorgt folglich für den geringen Durchschnittswert. Besonders niedrig liegt Indien. Hoch sind dagegen Europa, sowie Teile von Südostasien und Australien. Die folgende Grafik zeigt die Abweichungen des Geoids vom Referenzellipsoid.
Messung
Ein aktuelles Projekt zur Messung der Form des Geoids ist das NASA/DLR-Projekt GRACE. Es gibt zwei Satelliten, die in einem Abstand von etwa 200 km zueinander die Erde umkreisen. Die Abstandsänderungen zwischen den beiden Satelliten wird ständig gemessen. Dabei wird durch die Nutzung von interferometrischer Streckenmessung eine besonders hohe Genauigkeit erreicht. Durch die gemessenen Streckenänderungen lässt sich auf die Geoid-Form schließen.
Literaturempfehlungen:
Witte/Sparla (2015) Vermessungskunde und Grundlagen der Statistik für das Bauwesen